Rechtsanwalt Paul Degott
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in Kooperation mit:
RA Prof. Dr. Ronald Schmid, Frankfurt am Main
Vors. Richter am OLG a.D. Jürgen Maruhn, Frankfurt am Main
Überörtliche Kooperation selbständiger Rechtsanwälte, die als ausgewiesene Experten täglich mit allen Rechtsfragen aus dem Bereich Touristik befasst sind - ob mit der Durchsetzung von Fluggastrechten, mit der Rückforderung von Flugticket-Kosten bei Reiseveranstalter-Stornopauschalen oder mit den wechselnden Themen des Pauschalreiserechts, auch nach der Neufassung des Pauschalreiserechts ab 01.07.2018.
Ticket-Storno
Rückzahlungsanspruch auf Ticketkosten (inkl. Steuern und Gebühren)
Die langgeübte Praxis aller Fluggesellschaften, den Ticketpreis zu 100 % unmittelbar nach Buchung des Tickets einzukassieren, sonst gibt es kein Ticket, wird zunehmend als vertragsrechtswidrig eingeschätzt. Der Luftbeförderungsvertrag ist eine Unterform des Werkvertrags, also gilt das Werkvertragsrecht des BGB mit dem Grundsatz "ohne Leistung keine Gegenleistung". Gegen diesen Grundsatz verstößt die vorgenannte Inkassopraxis. Entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaften sind AGB-widrig und damit unwirksam (so zum Beispiel LG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.01.2014, 2-24 O 151/13; LG Hannover, Urteil vom 21.01.2014, 18 O 148/13; LG Köln, Urteil vom 08.01.2014, 26 O 253/13).
Bei Ticketstorno: Voller Einbehalt unzulässig
Verstößt schon die Vorkasse-Praxis der Fluggesellschaften gegen das Prinzip "ohne Leistung keine Gegenleistung", gilt dies erst recht, wenn das - längst vorausbezahlte - Flugticket storniert wird.
Ist der Fluggast aus welchen Gründen auch immer gehindert, den Flug durchzuführen oder schafft er es nicht rechtzeitig zum Flug, ergibt sich regelmäßig aus den Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaften sowohl für den Storno- wie auch für den No-Show-Fall, dass der Ticketpreis zu 100 % schlicht verfällt. Noch nicht einmal die im Ticket-Preis enthaltenen Steuern und Gebühren, die nun nicht von der Fluggesellschaft abgeführt werden müssen, werden an den Flugpassagier zurückgezahlt.
Gegen diese Handhabung stehen zunehmend rechtskräftige Urteile, zuletzt des LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2014, 2-24 S 152/13.
Das Werkvertragsrecht des BGB, welches für den Luftbeförderungsvertrag gilt, lässt zunächst in § 649 BGB die jederzeitige Stornierung durch den Fluggast zu, ohne Angabe von Gründen. In dieser Vorschrift sind sodann die Folgen einer solchen Bestellerkündigung geregelt. Der Werkunternehmer, also das Luftfahrtunternehmen, behält in einem solchen Storno-Fall zwar grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch, muss sich jedoch all dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart hat bzw. durch anderweitige Verwendung der Flugleistung erzielen konnte.
- Dass auf den Luftbeförderungsvertrag das Werkvertragsrecht des BGB, insbes. § 649 BGB anzuwenden ist, hat der BGH zuletzt in seinen Urteilen vom 16.12.2016 zu X ZR 5/15 und X ZR 98/14 eindrucksvoll bekräftigt.
Fluggesellschaft muss ersparte Aufwendungen bzw. anderweitige Verwendung vorrechnen
Kommt es also zu einem No-Show- bzw. Stornofall, und will das Luftfahrtunternehmen Ticketkosten einbehalten, muss es vortragen und vorrechnen, was es an Steuern, Gebühren, Kerosin, Verpflegung, etc. aufgrund der Stornierung des konkreten Tickets bzw. des No-Show einsparen konnte bzw. durch anderweitige Verwendung des Tickets erzielt hat. Eine solche Gegenrechnung machen die Luftfahrtunternehmen regelmäßig nicht, behalten vielmehr schlicht 100 % des Ticketpreises ein, was den BGB-Regeln widerspricht.
Denn mangels Abrechnung ist unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung der Ticketpreis zu 100 % zurückzuzahlen. Zusätzlich sind die im Flugpreis enthaltenen Steuern, Mehrwertsteuer, Gebühren und Entgelte einschließlich etwaiger Zuschläge zu zahlen. Denn diese Flugnebenkosten fallen nur an, wenn der Fluggast den Flugschein tatsächlich in Anspruch nimmt.
Mangels Abrechnung ist die Fluggesellschaft so zu behandeln, als habe sie die stornierten Tickets anderweitig mit einem Erlös weiterverkaufen können, der zumindest dem ursprünglich gezahlten Ticketpreis entspricht.
Weil der Flugpassagier regelmäßig keinen Einblick in die Betriebs-Interna der Fluggesellschaft hat, ist es der Fluggesellschaft im Wege der sogenannten sekundären Darlegungslast zuzumuten, ihre ersparten Aufwendungen bzw. anderweitig erzielten Erlöse für den konkreten Fall darzulegen und zu beziffern.
So die Fluggesellschaft dem nicht nachkommt, sind 100 % der Ticketkosten ohne Wenn und Aber zurückzuerstatten.
Im übrigen gilt nach Maßgabe der gesetzlichen Vermutung in § 649 Satz 3 BGB, dass der Fluggesellschaft wenn überhaupt, dann allenfalls 5 % der eigentlichen Ticketkosten zustehen.
Entgegenstehende Beförderungs-AGBs sind unwirksam, da sie gegen die vorgenannten Prinzipien des Werkvertragsrecht verstoßen und außerdem eine unzulässige Pauschalierung des Vergütungsanspruchs darstellen. Denn dem Flugpassagier wird nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet, dass ein Schaden ausgeblieben oder wesentlich niedriger als die veranschlagte Pauschale ausgefallen ist (so: LG Frankfurt/Main, aaO.; AG Frankfurt/Main, Urteil vom 18.11.2013, 29 C 2391/13 (44); AG Rüsselsheim, Urteil vom 16.05.2012, 3 C 119/12 (36), RRa 2013, 32).
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