Rechtsanwalt Paul Degott

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in Kooperation mit:
RA Prof. Dr. Ronald Schmid, Frankfurt am Main
RA Holger Hopperdietzel, Wiesbaden
Vors. Richter am OLG a.D. Jürgen Maruhn
Überörtliche Kooperation selbständiger Rechtsanwälte, die als ausgewiesene Experten täglich mit allen Rechtsfragen aus dem Bereich Touristik befasst sind - ob mit der Durchsetzung von Fluggastrechten, mit der Rückforderung von Flugticket-Kosten bei 100 %-Storno oder mit den wechselnden Themen des Pauschalreiserechts.

Corona-Einreisehindernisse: Reiseveranstalter haftet bei Verstößen gegen seine Info-Pflichten
In Corona-Zeiten gehört zum touristischen Alltag, dass sich quasi im Wochenmodus die Corona-Einstufung der verschiedenen touristischen Zielgebiete ändert. Mal wird die Urlaubsregion als Corona-Risikogebiet eingestuft, dann sogar als Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet. Entsprechend unübersichtlich sind die Rückreiseformalien bis hin zu einer Quarantänepflicht für alle Rückreisende, auch für Geimpfte und Genesene.
Aktuell muss außerdem bei Rückkehr aus einem Risikogebiet, sei es einfaches Risikogebiet oder Hochinzidenzgebiet oder gar Virusvariantengebiet, eine digitale Einreiseanmeldung ausgefüllt werden. Geht es um eine Flugpauschalreise, muss vor Abfertigung zum Rückflug der Fluggesellschaft ein negativer Corona-Test vorgelegt werden, um überhaupt per Flug zurückbefördert zu werden. Auch die Reiseländer selbst reagieren auf die veränderten Corona-bedingten Risiken im Urlaubsland, ordnen dort Quarantäne an bis hin zur Hotelquarantäne oder durchgehende Maskenpflicht, die Schließung von Poolanlagen und Spa-Einrichtungen oder geben Ausgangsverbote und Schließungsanordnung für gastronomische Betriebe aus.
Auch zur Einreise ins Urlaubsland gibt es fortlaufende Änderungen, was die Corona-relevanten Nachweispflichten angeht, sei es die Notwendigkeit einer elektronischen Einreisemeldung, auf welche hin der Reisende dann eine QR-Code erhält, der vor Abfertigung zum Flug in den Urlaub der Fluggesellschaft vorgelegt werden muss oder sonstiger elektronischer Einreiseformulare, welche ebenfalls vor Abflug ausgefüllt präsentiert werden müssen. Die Fluggesellschaften sind gehalten und haben auch ein eigenes Interesse, all diese Einreiseformalien schon vor Abflug in den Urlaub zu überprüfen. Geschieht dies nicht oder nicht sorgfältig genug, wird etwa jemand befördert, der dann nicht im Zielland einreisen darf, muss die Fluggesellschaft auf eigene Kosten diesen Passagier nach Deutschland zurückbefördern und bekommt außerdem von der ausländischen Einreisebehörde ein saftiges Bußgeld.
Vor diesem Hintergrund spielen die Informationspflichten des Reiseveranstalters eine erhebliche Rolle. Der Reisende ist letzten Endes auf diese Informationen angewiesen, was für die Hinreise ins Urlaubsland gilt und auch für die Rückreise, damit der Reisende sich rechtzeitig um die Erfüllung dieser Formalien kümmern und sich entsprechend mit Impfausweisen und negativen Corona-Tests und ausgefüllten Einreiseformularen präparieren kann. Dass der Reisende dies dann in der notwendigen Sorgfalt tut und vor Abreise präpariert ist, bleibt im Risiko des einzelnen Reisenden. Gelingt ihm dies nicht, hat er das Risiko des Nichtgelingens der Reise selbst zu tragen. Im ersten Schritt aber ist der Reiseveranstalter in der Pflicht, die notwendigen Informationen zu den Einreisegegebenheiten zur Verfügung zu stellen.
Gemäß § 651d Abs. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, den Reisenden schon vor Abschluss des Reisevertrages nach Maßgabe des Art. 250 §§ 1 bis 3 EGBGB umfangreich über relevante Einzelheiten der angebotenen Pauschalreise zu informieren. Der Reisende muss über wesentliche Eigenschaften der Reise in Kenntnis gesetzt werden. So hat der Reiseveranstalter nach Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB den Reisekunden vorvertraglich und ungefragt über allgemeine Pass- und Visumserfordernisse des Bestimmungslandes, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa sowie gesundheitspolizeiliche Formalitäten zu informieren. Diese Informationen sind allen Reisekunden zu geben, unabhängig von der jeweiligen Nationalität. Zu Corona-Zeiten steht im Vordergrund, was an gesundheitspolizeilichen Formalitäten des Bestimmungslandes gilt, worüber der Reisende schon vor Vertragsabschluss zu informieren ist. Das jeweilige Urlaubsland wird etwa eine Einreise davon abhängig machen, dass alle Einreisenden oder Einreisende aus bestimmten Ländern einen negativen Corona-Test oder einen Nachweis über die vollständige Impfung vorlegen müssen. Außerdem ist eine Quarantänepflicht möglich. Da erfahrungsgemäß die Reiseländer für Touristen je nach Herkunftsland unterschiedliche gesundheitspolizeiliche Einreisebestimmungen aufstellen, welche sich nach den jeweiligen Corona-Lagen in den Herkunftsländern richten und regelmäßig kurzfristig geändert werden, ergibt sich ein großer Arbeitsaufwand und auch ein hohes Risiko für den Reiseveranstalter, der jeden Passagier, nicht nur aus Deutschland, sondern nach seinem jeweiligen Wohnsitzland, aus dem er anreist, richtig und vollständig über diese gesundheitspolizeiliche Corona-bedingten Formalitäten des Reiselandes bzw. der verschiedenen Reiseländer einer Rundreise oder einer Kreuzfahrt informieren muss.
Diese Informationspflichten des Reiseveranstalters bestehen letztlich während der gesamten Reise bis hin zur Rückreise. Der Pauschalreisevertrag ist ein Dauerschuldverhältnis zwischen Reiseveranstalter und Reisendem, welches für die Reisedauer entsprechende Fürsorge- und Obhutspflichten auslöst. Der Reiseveranstalter wird die Informationen über veränderte Einreisebestimmungen und Rückreisebestimmungen für Neubuchungen ohnehin tagesaktuell vorhalten müssen, so dass er grundsätzlich über diese Informationen auch verfügt. Weist er den Kunden dann nicht auf Modifikationen hin und führt dies dazu, dass den Reisenden im Zielgebiet Sicherheitsrisiken treffen, wie z. B. Zurückweisung bei Einreise und Erfordernis eines neuen Rückfluges oder ein behördliches Vorgehen wegen unerlaubter Einreise, bringt dies den Reisenden in erhebliche Schwierigkeiten. Und löst zusätzlich die Beistandspflicht des Reiseveranstalters nach § 651q Abs. 1 BGB aus. Aus dem sich aus dem Pauschalreisevertrag ergebenden Fürsorgegedanken leitet sich also die Pflicht ab, den Reisenden über Änderungen der Einreisevorschriften und ggf. auch der Rückreisevorschriften unaufgefordert zu informieren.
Zwar bleibt es grundsätzlich Sache des Reisenden, das zur Vorbereitung und zum planmäßigen Durchführen der Reise Erforderliche zu tun, insbesondere sich die persönlichen Reisedokumente, wie Pass und Visum zu beschaffen, aber gerade auch die Corona-bedingten gesundheitspolizeilichen Formalitäten zu erfüllen, welche für die Reise und den Urlaubsaufenthalt relevant sind. Der Reisende kann jedoch diese Pflichten erst dann erfüllen, wenn er fortlaufend über die jeweils aktuellen Gegebenheiten vom Reiseveranstalter informiert wird, schon vor Vertragsabschluss bis zum Ende der vereinbarten Reisezeit.
Gibt der Reiseveranstalter nun hierzu überhaupt keine oder gar falsche Informationen, ist dies eine Verletzung der gesetzlichen Informationspflichten und führt zu umfangreichen Haftungsfolgen. Der Reiseveranstalter haftet für alle dem Reisenden entstehenden Schäden (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB). Scheitert die Reise gänzlich, betrifft dies die Pflicht zur Rückzahlung des an den Reiseveranstalter gezahlten Reisepreises. Da ein Verschulden des Reiseveranstalters festzustellen ist, besteht für den Reisenden auch ein Schadenersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651n Abs. 2 BGB, welcher nach maßgeblicher BGH-Rechtsprechung regelmäßig auf 50 % des Reisepreises taxiert ist. Darüber hinaus ist denkbar, dass der Reisende unnütz aufgewendete Reisekosten zum Flughafen und zurück hatte, möglicherweise Kosten einer Hotelzwischenübernachtung oder Ähnliches oder einer nun unnütz abgeschlossenen Reiseversicherung. Auch diese Schäden sind auszugleichen nach Maßgabe von § 651n Abs. 2 BGB.
Ersatzfähig ist also der gesamte, dem Reisenden durch die Verletzung der Informationspflichten ursächlich entstandene Schaden. Dazu können auch Kosten gehören, die der Reisende aufwenden musste, um sich die erforderlichen Informationen selbst zu verschaffen oder Kosten, die zur Rechtsverfolgung erforderlich sind.
Rechtsanwalt Paul Degott, Hannover
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