Rechtsanwalt Paul Degott

Rechtsanwalt Paul Degott, Schwerpunkt, Fluggastrechte, Reiserecht

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in Kooperation mit:

RA Prof. Dr. Ronald Schmid, Frankfurt am Main
Vors. Richter am OLG a.D. Jürgen Maruhn, Frankfurt am Main

Überörtliche Kooperation selbständiger Rechtsanwälte, die als ausgewiesene Experten täglich mit allen Rechtsfragen aus dem Bereich Touristik befasst sind - ob mit der Durchsetzung von Fluggastrechten, mit der Rückforderung von Reiseveranstalter-Stornopauschalen oder mit den wechselnden Themen des Pauschalreiserechts, auch nach der Neufassung des Pauschalreiserechts ab 01.07.2018.

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Mängel im Hotel

Welche Möglichkeiten haben Pauschal-, aber auch Individualreisende bei der Beanstandung von Mängeln am Hotel (Zimmer) bereits vor Ort?

Reiserecht-Rechtsexperten

Rechtlich gesehen unterscheidet den Pauschalreisenden vom Individualreisenden ein wichtiger Punkt: Der Pauschalreisende hat bei seinem Reiseveranstalter nach Maßgabe der §§ 651a ff BGB ein Paket von einzelnen touristischen Leistungen zum Gesamtreisepreis "gekauft". Zu diesem Ferienreisepaket gehört regelmäßig auch die Unterbringung in einem Hotel. Zeigen sich nun während der Reise, etwa im Zusammenhang mit der Hotelunterbringung, Mängel oder sind Beanstandungen vorzunehmen, hat der Pauschalreisende einen einzigen Ansprechpartner und Verantwortlichen, nämlich seinen in Deutschland nach der deutschen Rechtsordnung gut zu erreichenden Pauschal-Reiseveranstalter.

Der Individualreisende hat dieses Privileg nicht. Er hat ja seine Reise individuell zusammengestellt, hat sich über vermittelnde Reisebüros, über Direktbuchung im Urlaubsland oder über das Internet die einzelnen Bestandteile seiner Reise gebucht, etwa die Beförderungsleistung bei einer Fluggesellschaft, die örtliche Transportmöglichkeit bei einem Mietwagenunternehmen und eben die Unterkunft bei einem Hotelier in seinem Urlaubsland. Der Individualreisende schließt also eine Vielzahl von unterschiedlichen Verträgen ab wie Beherbergungsverträge, Beförderungverträge oder auch Mietverträge bezüglich eines Mietwagens. Gibt es nun in der Abwicklung der einzelnen Verträge Störungen (das per Internet reservierte und schon bezahlte Hotelzimmer steht nicht zur Verfügung, der voraus gebuchte und bezahlte Mietwagen steht nicht bereit, der gebuchte Flug hat erhebliche Verspätungen oder fällt aus), muss er all dies mit dem jeweiligen Leistungserbringer unmittelbar ausstreiten. Dabei ist die jeweilige Streitigkeit mit Hotelier, Mietwagen, Vermieter oder Fluggesellschaft nach unterschiedlichen Rechtsordnungen und in den jeweiligen Ländern nach deren Rechtsordnung abzuwickeln, natürlich in der jeweiligen Landessprache.

Der Pauschalreisende wird seine Beanstandungen zur Hotelunterbringung nur, ausschließlich und unmittelbar bei seinem Reiseveranstalter anbringen, etwa über dessen örtliche Reiseleitung. Diese ist ausschließlich zuständig. Beschwerden an der Hotelrezeption reichen ausdrücklich nicht, weil bei der Pau­schal­rei­se der Hotelier und sein Personal nicht Vertragspartner des Reisenden geworden ist. Vielmehr hat der Hotelier einen Hotelzimmer-Belegungsvertrag mit dem jeweiligen Reiseveranstalter abgeschlossen, ist aber keine Vertragsbeziehung zum dann anreisenden Urlaubsgast eingegangen.

Anders die rechtliche Situation des Individualreisenden: Hat er das falsche Zimmer bekommen, hat das Hotel nicht die ausgeschriebene Klasse und Ausstattung, bleibt ihm nur und ausschließlich der Weg, sich mit dem Hotelier unmittelbar auseinanderzusetzen und gegebenenfalls zu streiten, dies vor Ort und während seines Urlaubs nach Maßgabe der dortigen Rechtslage und in der dortigen Landessprache.

Frage 1: Unter welchen Umständen sind Gäste, egal ob das Hotel über einen Reiseveranstalter, als Teil der Reise oder individuell gebucht wurde, berechtigt, den Preis zu mindern oder in ein neues Hotel zu wechseln?

Für den Pauschalreisenden regelt sich dies nach dem deutschen Pauschalreiserecht.

Nach § 651i Abs.1 und Abs.2 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise, also alle Reisebestandteile, auch bezüglich der Hotelunterbringung, so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende Abhilfe verlangen. Verweigert der Reiseveranstalter eine Abhilfe, weil er die Mangelsituation möglicherweise anders ein­schätzt, ist es dem Reisenden gestattet, nach Ablauf einer angemessenen Frist selbst Abhilfe zu schaffen und die Kosten hierfür dem Reiseveranstalter in Rechnung zu stellen. Vermisst der Urlauber z.B. den Duschvorhang und steht deshalb das Badezimmer fortlaufend unter Wasser, kann er nach Ablauf einer angemessenen Abhilfefrist gegenüber der Reiseleitung/dem Reiseveranstalter selbst im Kaufhaus einen Duschvorhang besorgen und die Kosten hierfür vom Reiseveranstalter ersetzt verlangen. Entspricht das zugewiesene Hotel in keiner Weise dem, was vertraglich vereinbart war, ist der Reisende auch berechtigt, nach Ablauf einer angemessenen Frist das Hotel zu verlassen, sich ein Ersatzhotel zu suchen und die vertretbaren Abhilfekosten beim Reiseveranstalter geltend zu machen und notfalls einzuklagen.

Verbleibt der Reisegast aber im mangelbehafteten Hotel, hat er ab dem Zeitpunkt der Mängelrüge mit Abhilfeverlangen gegenüber Reiseleitung/Reiseveranstalter das Recht, den Reisepreis nach § 651m BGB zu mindern, also eine anteilige Rückzahlung des Reisepreises zu verlangen.

Für den Individualreisenden lässt sich die Rechtslage nicht so leicht zusammenfassen. Denn es kommt darauf an, wo das Hotel liegt, in dem der Individualreisende seinen Urlaub ver­brin­gen will. Liegt es in Deutschland, ist die Rechtslage einfach. Der Individualreisende hat mit dem Hotelier einen Beherbergungsvertrag abgeschlossen, für welchen das deutsche Mietrecht gilt. Auch hier kann er ähnlich wie bei der Pauschalreise vom Beherbergungswirt, dem Hotelinhaber nach Mietrecht eine Preisminderung verlangen. Auch hier besteht die Anzeigepflicht gegenüber dem Beherbergungswirt, etwa an der Rezeption. Auch hier kann der Hotelgast den Belegungsvertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn nach Anzeige und Fristablauf keine Besserung er­folgt bzw. keine Abhilfemaßnahmen durchgeführt werden oder diese nicht greifen (§§ 535, 536, 543 BGB).

Befindet sich das Hotel jedoch im Ausland, gilt die dortige Rechtslage mit den dortigen Spielregeln. Der Streit wäre vor den dortigen Gerichten zu führen.

Frage 2: Welche Bedeutung haben Hotelcodes?

International gesehen gibt es keinen einheitlich aufgesetzten Hotelcode

Zur Beschreibung der Leistungspflichten in Bezug auf das Hotel gehört regelmäßig die Angabe einer Hotelkategorie. Stellt der Urlaubsgast vor Ort eine Abweichung zur ver­einbarten Hotelkategorie fest, hat das Hotel z.B. anstatt der versprochenen 5 Sterne nur 3 Sterne, ist dies für sich gesehen noch kein Reisemangel. Ein solcher ergibt sich erst, wenn sich nicht nur die Sterne-Angabe als unzutreffend herausstellt, vielmehr auch die Ausstattung des Hotels, seine Lage oder Ähnliches spürbar von dem abweicht, was als Hoteleigenschaften qua Katalogbeschreibung vertraglich ver­einbart war. Es kommt insoweit auf die tatsächlichen Verhältnisse an, wobei der Reisende für seine Minderungsforderung substantiiert die Mängel und alle Minderleistungen darzulegen und letzten Endes zu beweisen hat. Bei der Kategorisierung, dem Hotelcode, ist am Landesstandard anzuknüpfen, wo­bei die Reiseveranstalter üblicherweise in ihren Reisekatalogen die dort angebotenen Hotels selbst kategorisieren mit Zeichen wie Sonnen, Seepferdchen oder Sonnenschirmen. Je mehr dieser Zeichen vergeben werden, desto höher soll die Kategorie des Urlaubshotels sein. Üblicherweise wird die Kategorisierung zu diesen Zeichen im jeweiligen Reisekatalog definiert und beschrieben, was der Reiseveranstalter z.B. bei 5 Seepferdchen für eine Leistungseinstufung hat. Dann muss das zur Verfügung gestellte Hotel aber dem vom Veranstalter selbst vergebenen Standard tatsächlich auch entsprechen. Soweit der Reiseveranstalter mit der Angabe bestimmter Hotelkategorien an deutsche Einstufungen, z.B. der DEHOGA anknüpft, sind folglich auch die deutschen Maßstäbe heranzuziehen.

Sind die Kategorien im Ausland anders, z.B. schlechter, so ist dies im Reisekatalog deutlich und klar anzugeben. In jedem Falle muss der Pauschalreisende aus dem Prospekt klar entnehmen kön­nen, auf welche Klassifizierung die jeweilige Einstufung zurückgeht, ob auf landesübliche Einstufung oder auf eigene Einstufung durch den Reiseveranstalter und was sich dahinter als Qualitätszusage verbirgt. So schreibt schon Art. 250 § 3 Ziff.1e)EGBGB vor, dass Art, Lage, Kategorie und Komfort des jeweiligen Hotels bei der Pauschalreise anzugeben sind.

Der Individualreisende hat all diese Schutzmechanismen nicht. Wenn er von zu Hause aus das in der Ferne liegende Hotel etwa nach der Internetbeschreibung buchen will, sollte er für das jeweilige Urlaubsland herauszufinden versuchen, wie die dortigen Hotelcodes in Leistungsmerkmale aufgelöst werden.

Frage 3: Worauf müssen Pauschal-, aber auch Individualreisende achten für den Fall, dass sie Mängel am Hotel (Zimmer) im Ausland geltend machen wollen?

Für den Pauschalreisenden ergibt sich insoweit kein Problem. Mängel seines im Ausland gelegenen Ferienhotels macht er gegenüber der Reiseleitung oder unmittelbar bei seinem Reiseveranstalter in Deutschland geltend, rügt diese, verlangt Abhilfe und setzt seine nach BGB verbrieften Gewährleistungsrechte durch.

Für den Individualreisenden gilt das "Recht der belegenen Sache". Der Beherbergungsvertrag unterliegt dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen hat, in dem also die vertragscharakteristische Leistung erbracht wird. Die charakteristische Leistung insoweit erbringt der Hotelier und Beherbergungswirt. Maßgeblich ist daher das Recht des Unterkunftsortes. Bei Beherbergungsverträgen mit ausländischen Hotels gilt daher deren Rechtsordnung.

Der Individualtourist muss also sein Recht nach der Rechtsordnung suchen, die für das gebuchte Hotel gilt; der Streit ist vor dem Gericht zu führen, in dessen Gerichtsbezirk das Hotel liegt.

 

Rechtsanwalt Paul Degott, Hannover